Es wurde zudem bekannt gegeben, keine HELOCS (Home Equity Lines of Credit, somit also Kredite auf eine Beleihung des inneren Werts von Immobilien) mehr zu akzeptieren. In der Analystenzunft wurde angesichts einer unabsehbaren Pleite- und Zahlungsausfallwelle unter privaten Darlehensnehmern und Unternehmen von einem weitläufigen Rückzug JPMorgans von den Kreditmärkten gesprochen.

Wie jüngst berichtet, bestätigte die aktuelle Umfrage der Federal Reserve unter hochrangigen Kreditbearbeitern im amerikanischen Bankengewerbe, dass es aus Sicht von großen Teilen der Bevölkerung fast unmöglich geworden ist, einen neuen Kredit aufzunehmen, nachdem die Kreditvergabestandards auch unter allen anderen großen Instituten drastisch angehoben wurden.

Betroffen hiervon sind Fahrzeugkredite, Commercial & Industrial Loans, Konsumdarlehen und Hypothekenkredite. Insbesondere im Fahrzeugsektor sieht es mittlerweile ganz düster aus. Schon vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie wurde der amerikanische Auto- und Fahrzeugkreditsektor als neues Subprime-Desaster bezeichnet, das US-Banken nach dem Anstoßen einer Kettenreaktion in Schieflage bringen könnte.

Unter Bezugnahme auf einen Bericht des Senders CNBC habe nun auch die Großbank Wells Fargo die Handbremse an den Fahrzeugkreditmärkten gezogen. Noch bis vor Kurzem erwies sich dieser Bereich als eine der sprudelndsten Einnahmequellen des Instituts. Inzwischen hat Wells Fargo Hunderte von Briefen an unabhängige Auto- und Fahrzeughändler im ganzen Land versendet.

Aus Sicht der adressierten Fahrzeughändler handelte es sich um keine guten Neuigkeiten, nachdem Wells Fargo mitteilte, die Betroffenen als Kunden „auszumustern“. Wells Fargo hat darüber hinaus auch offiziell bestätigt, keine Kreditanträge zum Kauf von Fahrzeugen seitens unabhängiger Autohändler in den USA mehr zu akzeptieren. Die durch diese Maßnahme betroffenen Autohändler tummeln sich fast in Gänze im Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen.

Die Maßnahme erfolgte ganz offensichtlich angesichts eines massiven Einbruchs der Fahrzeugpreise im amerikanischen Gebrauchtwagensektor in den Monaten März und April. Seitdem ist es nur zu einer moderaten Preiserholung gekommen, was im Angesicht von extrem hohen Überkapazitäten an den heimischen Fahrzeugmärkten gewiss nicht verwundert.

Nachdem der Autovermieter Hertz kürzlich Insolvenz eingereicht hat, gesellt sich eine halbe Million an weiteren Fahrzeugen hinzu. Viele Analysten rechnen damit, dass die Preise für gebrauchte Fahrzeuge in diesem Zuge noch stärker unter Druck geraten werden. Dass Wells Fargo nun die Flucht ergreift lässt sich nachvollziehen.

Auch aus dem Hypotheken-Kreditvergabebereich hat sich Wells Fargo, wie zuvor schon JPMorgan Chase, zurückgezogen. Ohnehin befinden sich die Aktivitäten von Wells Fargo schon seit dem Schlagzeilen machenden Kontenskandal im Jahr 2016 unter aufmerksamer Beobachtung der Federal Reserve. Die Bank darf ihr Bilanzbuch seitdem nicht mehr expandieren, bevor interne Missstände nicht in Gänze behoben sein werden.

Bei Wells Fargo wird jedoch auch davon ausgegangen, dass sich die Kreditqualität der über den Verlauf der letzten Jahre vergebenen Darlehen signifikant verschlechtern wird, weshalb die Neukreditvergabe in vielerlei Bereichen nahezu eingestellt wird. Diese Entwicklung wird sich auch auf Wells Fargo selbst negativ auswirken.

Denn den größten Teil ihres Wachstums generierte die Bank zuletzt im Fahrzeugsektor. Im Jahr 2018 wurde Wells Fargo durch die Verbraucherschutzbehörde zu einer Strafzahlung von eine Milliarde US-Dollar verdonnert, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Bank ihren Kunden völlig unnötige Autoversicherungen verkauft hatte.

Unabhängige Fahrzeughändler machen einen Anteil von rund zehn Prozent unter den 11.000 Fahrzeughändlern in den USA aus, mit denen Wells Fargo im Kreditvergabesektor kooperiert und zusammenarbeitet. Laut Analysten sei es allerdings nur noch eine Frage der Zeit, wann Wells Fargo die Daumenschrauben auch im Bereich von Neufahrzeugen anziehen wird.

Der amerikanische Bankensektor dürfte bald ins allgemeine Blickfeld rücken, dann nämlich, wenn die Zahlungsausfälle richtig an Fahrt aufnehmen werden. Wer noch alles bankrottgehen wird, lässt sich in keiner Weise absehen, weshalb Vorsicht nach wie vor die Mutter der Porzellankiste ist. Inzwischen blicken die USA nicht nur einer anhaltenden Gesundheitskrise, sondern auch einer ausgewachsenen Staatskrise, in deren Zuge es zu ersten Toten sowohl auf Seiten der Polizeikräfte als auch unter Protestlern im Land gekommen ist, ins Auge. Wer will in einem solchen Umfeld noch Vorhersagen treffen, wie sich die Dinge weiter entwickeln werden?!